Ein hartgesottener Alpinist war ich bisher nicht. Gut, bei weitem auch kein “Couch Potato”, aber Tagestouren waren bisher für mich ausreichend. Doch in Graubünden war ich drei Tage Bergwandern – inklusive, wohlgemerkt, einer Hüttenübernachtung. Ich würde jetzt zwar nicht so weit gehen, mich mit zweitem Vornamen Reinhold zu nennen, aber immerhin habe ich damit ein neues Wanderkapitel aufgeschlagen.
Inhalt auf einen Blick
Bergwandern Schweiz
Wir haben uns den Prättigauer Höhenweg (Wegweiser Nr. 72) vorgenommen, der mit insgesamt rund 53 km das gesamte Prättigau durchquert. Die Strecke kann in vier Tagesetappen komplett durchwandert werden, wir haben uns jedoch auf die ersten beiden Etappen konzentriert und sind am dritten Tag nur noch von der Carschinahütte abgestiegen, um dann per PostAuto wieder zurück zum Ausgangspunkt zu fahren. Die beiden Tagesetappen sind sehr schön zu wandern und für alle geeignet, keine vier Tage Zeit haben oder – so wie ich – erst mal eine kleine Mehrtagestour ausprobieren wollen.
Unsere Route sah folgendermaßen aus: 1. Tag – von der Madrisa Bergbahn (Klosters Dorf) bis nach St. Antönien / 2. Tag – von St. Antönen zur Carschinahütte / 3. Tag von der Carschinahütte zurück nach St. Antönien und von dort mit dem PostAuto bis nach Kloster Dorf, wo unser Auto geparkt war.
Etappe 1 – Madrisa Bergbahn bis St. Antönien
Auf der ersten Etappe waren wir froh, mit unseren Naturerlebnisführer Chlasi samt Münsterländer-Hündin Venja unterwegs zu sein, denn der Prättigauer Höhenweg hatte sich einen dicken Nebelmantel umgeworfen. Schmale Wolkenfetzen hingen an den Baumwipfeln fest und wo man steil abfallende Berghänge vermuten konnte, hatte sich eine watteweiche, undurchdringliche Dunstschicht gebildet.
Fakten & Informationen
Auch wenn man den Weg allein findet: eine Tour mit Chlasi ist schon deshalb die totale Entspannung, weil man sich ganz auf sich konzentrieren kann (und sich nicht um die Orientierung kümmern muss). Man redet, wenn einem plötzlich eine Frage in den Kopf springt, man schweigt, wenn man gerade mit sich selbst beschäftigt ist. Und zwischendurch krault man Venja das lockige Fell. Chlasi – eigentlich Nicolaus Salzgeber – kann man über Wandrvogl buchen.
Der Abstieg nach St. Antönien ist ein bisschen eintönig und wer nicht bergab auf betonierten Wegen laufen will (fanden meine Knie nicht so angenehm), schnappt sich am Stand an der Aschariner Alp ein Trottinett (einen Tretroller) und verkürzt den Heimweg deutlich. Auf dem Dorfplatz in St. Antönen ist die Rückgabestelle. Bei uns hat das nicht funktioniert, weil keine Trottinetts am Stand waren. Wer also sicher gehen will, sollte besser reservieren: Berggasthaus Michelshof, Tel. +41 81 330 56 56 oder über www.trottinettplausch.ch
Wir haben im Hotel Rhätia in St. Antönien übernachtet, das von Regula Strobel und Hubert Zurkinden geführt wird. Beides studierte Theologen, womit sich mal wieder bewahrheitet, dass gerade Nicht-Gastronomen ganz entspannte und wunderbar herzliche Gastgeber sind. Unser Domizil war ein uriges Zimmer unter dem Dach mit offenen Balken und Blick auf die altehrwürdige Dorfkirche. Da es üblich ist, dass auch in der Nacht zur vollen Stunde die Kirchenglocke schlägt, hatte ich erwartet, zumindest mit halbem Ohr das Geläut mitzubekommen. Ganz im Gegenteil: ich habe geschlummert wie ein Murmeltier. Was bestimmt auch an Regulas “Chrutchräpfli” (gefüllte Nudelspezialität, typisch für Graubünden), der Rhabarber-Creme und, noch etwas wahrscheinlicher, an der halben Flasche Pinot Noir lag… (zzzZZZ…)
Etappe 2 – St. Antönien bis Carschina-Hütte
Der zweite Tag begann mit sonnigen Almwiesen und einem gemächlichen Anstieg bis zum Partnunsee, der wie eine kleines, vergessenes Paradies inmitten der umliegenden Berge liegt. Wer Ruderambitionen hegt, schnappen sich das kleine Boot auf dem See und lässt sich auf dem klaren, grünblauen Wasser treiben. Wir haben uns jedoch nicht allzu lange aufgehalten und den Aufstieg fortgesetzt. Die Strecke bis zur Carschinahütte wurde zuletzt zur steinigen Mondlandschaft und war von etlichen Schneefeldern unterbrochen. Wer also wie wir Anfang Juni unterwegs ist, sollte vor der Wanderung bei Ortskundigen nachfragen, wie die aktuelle Wegebeschaffenheit aussieht.
Fakten & Informationen
Übernachten auf 2.221 m Höhe: In der Carschinahütte SAC sorgen Heidi, Tom & Töchterchen Lenya dafür, dass der Laden läuft. Wichtig für Bergwanderer-Newbies (wie mich): Es gibt nur Massenlager mit 8 bis 11 Schlafplätzen und in den Waschräumen ist Katzenwäsche mit kaltem Wasser angesagt. Luxus darf man hier nicht erwarten, dafür echtes Hüttenfeeling. Dazu einfaches, leckeres Essen und einige Bier, bevor man es sich in seinem Schlafsack bequem macht.
Etappe 3 – Carschinahütte nach St. Antönien
Fakten & Informationen
Der Abstieg war leicht und innerhalb von 2,5 Stunden erledigt. Um zurück zum Auto zu gelangen, das an der Madrisa Bergbahn in Klosters Dorf stand, sind wir PostAuto gefahren. Mit der Linie 222 kommt man von St. Antönien bis nach Küblis Bahnhof und dort steigt man um in die Linie 231 um, mit der man bis Klosters Dorf fährt. Genaue Informationen zu den Fahrzeiten gibt es bei PostAuto. Der Fahrschein für einen Erwachsenen kostet CHF 13,80.
Bergwandern Schweiz: Wer den gesamten Prättigauer Höhenweg in vier Tagen laufen will, kann bei Prättigau Tourismus die komplette Tour als Packet buchen.
Herzlichen Dank an Graubünden Ferien und Prättigau Tourismus, die mir die Tour durch die Region Prättigau ermöglicht haben.
Eine schöne Route! Und wahnsinnig tolle Fotos. Ich träume schon lange von einer mehrtägigen Wanderung, bisher waren es im besten Fall nur längere Tagestouren.
Die Route muss ich mir merken, die ist ganz nach meinem Geschmack. 🙂
Lieben Gruß
Wow! Da bekommt man sofort Lust loszuwandern! Wir haben bisher eher kurze Wandertouren unternommen und stehen noch total am Anfang unserer “Wanderkarriere” aber versuchen uns auch laufend zu steigern! Irgendwann möchten wir auch mal eine Mehrtagestour machen!
Vielen Dank, dass du uns dafür mit diesem Artikel so viel Mut gemacht hast!!!
Wenn man sowie wandern geht und sich beim ersten Mehrtagestrip nicht gleich überfordert, sollte das eigentlich gut funktionieren. Probiert es einfach mal aus! Liebe Grüße!!!
Wow, das sieht schön aus! Ich glaube meine Emma würde auch gerne mal mit Venja wandern gehen 😉 LG, Claudia
Ich glaube, Emma und Venja wären ein Super-Team! 😀
Wunderbare Bilder von einer beeindruckenden Landschaft! Da möchte man direkt loswandern 🙂
Oh, danke, Yvi! 😀
Oh wie schön! Wir überlegen ja noch, was wir im September machen wollen. Das hört sich auf jeden Fall schonmal gut an! Meinst du, die Tour ist im September noch zumachen?
Liebe Grüße!
Jolly
P.s.: Wahnsinnig tolle Fotos!
P.p.s.: Wie hast du die Outdooractive-Touren eingebunden? Ist das ein spezielles Plugin? *neugier*
September sollte ziemlich gut funktionieren, denke ich. Wir waren ja Anfang Juni sehr früh dran, da hatte die Carschinahütte erst ein paar Tag wieder geöffnet und die Versorgungsstraße musste erst mal frei geschaufelt werden, weil noch alles verschneit war… 😉
Du kannst bei Outdooractive Touren anlegen und die kann man dann mit einem Code im Blogpost einbetten. Habe ich für diesen Artikel auch das 1. Mal ausprobiert und es funktioniert ziemlich gut (wenn man sich ein bisschen “eingefummelt” hat).
Viele, liebe Abendgrüße,
Beatrice