Bevor sich der Frühling mit seinen ersten Vorboten zeigt, habe ich mir einen Ort gesucht, der still ist und mich den Winter noch mal fühlen lässt: neblig, feucht, stürmisch. Mich hat es an die Nordsee gezogen. Genauer gesagt auf die niederländische Wattinsel Terschelling.
Was ich hier will? Mich treiben lassen.
Radtouren über die Insel, vorbei an dunstigen Wiesen, verschlafenen Dörfern und Bäumen, in denen sich Nebelfetzen verfangen haben wie Zuckerwatte. Spaziergänge am Strand, über den pfeifend der Wind tobt und weit und breit keine Menschen zu sehen sind. Später die Dünen erklimmen und den neugierigen Pferden die Mähne kraulen. Dabei aufs Meer schauen, das sich mit weißen Schaumkronen schmückt.
Inhalt auf einen Blick
Erkundungstour in den Dünen – Eco-Safari auf Terschelling
Vielleicht habe ich Glück und begegne noch mehr Tieren als nur den kräftigen Ponys auf der Winterweide? Ich hole mir Unterstützung von Maarten Sjoers, der auf Terschelling Eco-Safaris anbieten und Besucher mit geräuschlosen, geländetauglichen Elektro-Wagen durch den Wald und über die Dünen fährt.
Immer das Fernglas griffbereit sucht Maarten die wellige Landschaft ab. Auf der Insel gibt es Rehe und zahlreiche Vogelarten, die hier brüten oder rasten. Bird Watcher und Fotografen gehören regelmäßig zu seinen Kunden. Aber auch Familien mit Kindern oder Menschen, die nicht so gut zu Fuß sind und so die Möglichkeit haben, der Natur nahe zu sein.
Wir stemmen und tapfer gegen den kalten Wind und geben nicht so schnell auf. Doch auch Maarten hat mit seinen geübten Augen kein Glück. Ein paar Gänse sind zu sehen, sonst nichts. Dafür belohnt uns der Ausblick über die Weite der Dünen. Wir sind länger unterwegs, als geplant und erst am Ende merke ich, wie kalt mir geworden bin. Höchste Zeit also, um zurückzukehren und sich zum Abschluss der Tour mit einem heißen Cranberry-Tee aufzuwärmen.
Hier findest du meinen Artikel über drei Nationalparks in den Niederlanden.
Informationen zur Eco-Safari: Start der Tour ist das Hotel de Walvisvaarder in Lies. Der Ausflug dauert ca. 2,5 Stunden und die Route ist abhängig vom Wetter und der Jahreszeit. Der Preis für Erwachsene liegt bei EUR 29,50.
Der Kampf gegen einen immer wiederkehrenden Feind – Plastik in der Nordsee
Aber es gibt auch ein unliebsames Wiedersehen, nämlich mit dem Plastikmüll im Meer. Auf Bali war ich bereits damit konfrontiert und wer denkt, dass ist nur ein Problem in Asien, der irrt sich leider. Auch auf Terschelling hat man immer wieder mit angeschwemmten Plastik zu tun.
Ein unermüdlicher Kämpfer gegen die Verschmutzung ist Guus Schweigmann, den ich am Strand treffe. Er organisiert die Beach Clean-ups und war auch an vorderster Front aktiv, als zum Jahreswechsel 2019 ein Frachtschiff an die 270 Container bei stürmischem Wetter in der Nordsee verlor. Über Wochen wurde immer wieder Ladung an die Küsten der niederländischen Watteninseln gespült.
Wöchentlich werden die Strände auf Terschelling gereinigt und bei einen Clean-up kommen im Schnitt 300 bis 400 kg Plastikmüll zusammen. Insgesamt werden an die 50.000 kg Müll im Jahr gesammelt. Ein erschreckende Zahl, wie ich finde, zumal man davon ausgehen muss, dass höchstens 10 Prozent des im Meer befindlichen Mülls an den Strand gespült wird. Der Rest treibt im Wasser, sinkt auf dem Meeresgrund und wird langsam zu Mikroplastik zerkleinert.
Hier findest du meinen Artikel, wie ich versuche, im Alltag Plastikmüll zu vermeiden. Wäre das nicht auch eine Idee für den nächsten Strandspaziergang? Einfach eine Tüte mitnehmen, Müll einsammeln und nach der Rückkehr entsorgen!
Guus liebt die Insel Terschelling und engagiert sich, wo er nur kann, um das Bewusstsein für das Plastikmüllproblem zu erweitern und vor allen Dingen Veränderungen herbeizuführen, die die weitere Verschmutzung der Meere stoppen. Als ob das nicht schon genug ehrenamtliche Arbeit wäre, leitet er auch die Robben-Auffangstation der Insel, die sich um kranke oder verletzte Tiere kümmert, die auf Terschelling gefunden werden. Die Station war zum Glück bei meinem Besuch leer. Keine Robbe musste dort gerade aufgepäppelt werden.
Hier findest du meinen Green Guide für Maastricht.
Die drei Musketiere des guten Geschmacks
Hans Wilmink, Flang Cupido und Ria Laanstra sind drei Pioniere einer neuen, lokalen Küche. Sie haben das Projekt De Zilte Smaak gegründet. Auf der Ostseite der Insel werden in einem Produktionsgarten essbare Pflanzen gezüchtet, die nur auf salzigen Böden gedeihen.
Queller, im Niederländischen viel poetischer Zeekraal (“Meeresperlen”) genannt, ist eines der typischen, salzigen Gemüse. Auch Strandastern (Zeeaster) und Eiskraut mit seinen fleischigen Blättern wird angebaut. Gemeinsam wollen sie Inselbewohnern und Besuchern die salzliebenden Pflanzen nahe bringen und ihnen zeigen, wie sie verarbeitet werden.
Flang bietet in seinem Kochstudio Flang in de Pan großartige Kochkurse, Workshops und kulinarische Inseltouren an, die sich alle rund um die Produkte der Insel Terschelling drehen. Ria verkauft und verarbeitet die Ernte in ihrem Laden Lokaal in West-Terschelling. Hans vermietet auf seinem Hof De Zeeboer van Schylge sehr schöne Apartments an Gäste.
Praktische Tipps für die Insel Terschelling
Anreise und Fähre
Ich bin von Aachen aus umweltfreundlich mit dem Zug angereist, was sehr gut funktioniert hat. Die Bahnstation liegt nur wenige Gehminuten vom Fährterminal in Harlingen entfernt. Es gibt eine Autofähre, die gut zwei Stunden unterwegs ist und eine Schnellfähre, in der man bequem in 45 Minuten übersetzen kann.
Tickets können online über die Website der Reederei Doeksen gebucht werden.
Auf der Insel habe ich mich ausnahmslos mit einem E-Bike fortbewegt. Überall auf der Insel kann man Fahrräder ausleihen. Auch wer sportliche Ambitionen hat, ist mit einem E-Bike im Winter gut bedient, denn wenn es stürmisch wird, ist ein bisschen Unterstützung beim Fahren durchaus angenehm.
Übernachten & nach den Sternen greifen
Übernachtet habe ich sehr komfortabel in einer Ferienwohnung von Terschelling Recreatie in Oosterend. Die kleinen Apartments sind modern eingerichtet mit einer voll ausgestatteten Küche, einem geräumigen Bad und sogar mit eigener Sauna.
Die frühe Dunkelheit im Winter kann man nutzen, um nach den Sternen greifen. Ganz im Osten der Insel befindet sich ein Dark Sky Park im Naturschutzgebiet „De Boschplaat“. Es herrscht tiefe Dunkelheit, die ideale Voraussetzungen zum Beobachten des Nachthimmels bietet. Bei meinem Besuch wollte nur leider die Wolkendecke nicht weichen, sodass ich keinen Blick auf die funkelnde Milchstraße werfen konnte.
Pura Vida Foodbar in Midsland
Mitten in Midsland gibt es eine Kultstätte der modernen, gesunden Küche, das Pura Vida. In der gemütlichen Bar werden Salate, Burger und Bowls angeboten, die das Herz jedes Anhängers von Clean Eating höher schlagen lassen. Es gibt Fisch, Fleisch, aber auch vegetarische und vegane Gerichte – jeder wird glücklich. Die Bowls gibt es in zwei Größen, wobei mir die kleine Variante tatsächlich zu klein war. Wer richtig Hunger hat, sollte in jedem Fall die größere Portion nehmen.
Lokaal in West-Terschelling
Die Inhaberin Ria Laanstra betreibt auch das Projekt De Zilte Smaak, das typische, auf Salzböden wachsende Pflanzen anbaut. In ihrem Laden t’Lokaal verkauft und verarbeitet sie lokale Produkte von der Insel. Wer Hunger hat, findet auf einer wechselnden Karte ein leckeres Angebot an Suppen, Sandwiches und anderen kleinen Gerichten oder stärkt sich mit einem Kaffee und einem Stück Kuchen.
De Bras in West-Terschelling
De Bras ist eine Mischung aus stylischer Bar und Restaurant. Die moderne Küche experimentiert mit verschiedenen Aromen und ungewöhnlichen Kombinationen, was zu durchaus zu interessanten Ergebnissen führt. Man kann aber auch ganz entspannt im Lounge-Bereich sitzen, einen Drink nehmen und den Abend ausklingen lassen.
Ich wurde von Wad to do und dem VVV Terschelling auf diese individuelle Pressereise eingeladen. Herzlichen Dank dafür. Der Bericht gibt meine eigenen Ansichten und Eindrücke wieder.
Das ist echt lustig: mich zieht es ja eher in die Berge, aber mein Freund will schon ewig mit mir auf diese Insel. Nach Deinem Bericht fasse ich neuen Mut. Es sieht wirklich sehr süss aus und scheint eben doch eine Menge zu entdecken zu geben. 🙂
Die Insel ist wirklich schön. Ich glaube, selbst wenn man Bergfan ist, kann man es sich dort gut gehen lassen!